Musikschule

Zu- und Umbau Wohnhaus mit drei Einheiten  |  Planung und ÖBA  |  Auftraggeber*in: Aulos Gmbh  |  2015  |  Wien

 

Photos: Stephan Trierenberg



Am Anfang war die Wildnis

Jeder, der die Liegenschaft vor der Sanierung kannte, schwärmt vom üppigen Grün, welches das Gebäude selbst einhüllte. Der Garten war über die Jahre ein nahezu undurchdringliches Dickicht geworden: ein Haus im Dornröschenschlaf. Nun sollte es durch das Engagement der neuen Eigentümer und der Freien Musikschule Wien wachgeküsst werden.

Die bestehende Vorstadtvilla wird für den Zweck einer Musikschule umgebaut. Im Erdgeschoß und im ersten Stock entstehen eine Betriebseinheit und im neu ausgebauten Dachgeschoß eine Wohnung. Das bestehende Treppenhaus wird auf Grund der ungünstig funktionellen Lage abgebrochen und durch ein neues Stiegenhaus im Osten als Zubau ersetzt. Die Fläche des alten Stiegenhauses wird mit einer Stahlbetondecke je Geschoß geschlossen und der Wohnnutzfläche einverleibt. Alle weiteren Decken werden als Verbunddecken verstärkt. Der Dachboden wird von innen gedämmt und mit Dachflächenfenstern bestückt. Im Inneren werden notwendige Zwischenwände in Leichtbauweise errichtet, die Sanitärräume erneuert und mit einem barrierefreien Wc im Erdgeschoß erweitert.
Das Gebäude bleibt in seiner Struktur und Kubatur erhalten. Die Gebäudehülle bekommt neue Holz-Alu-Fenster und wird mit Mineralschaumplatten und einem diffusionsoffenen Systemputz thermisch saniert.

Die Gestaltung ist inspiriert von der Leichtigkeit der Musik und der Lebendigkeit von Kindern: Das Stiegenhaus mit der Glasfassade zum Garten erinnert an ein Puppenhaus aus Kindertagen und lässt in der Betrachtung die kleinen MusikerInnen die Stiegenläufe wie Tonleitern erklimmen. Die neue hochformatige Fensterteilung, die helle Farbgebung der Gestaltungselemente und die Einbindung in eine Gartenlandschaft erinnert an die Eleganz und Romantik einer venezianischen Villa.

Das Treppenhaus

Das neue Stiegenhaus wird längsgerichtet als eigenständiger Baukörper im Osten an die Giebelfassade angedockt. Dadurch und durch das Abrücken des Liftschachtes vom Bestand kann das Haus auf allen vier Ebenen gut erschlossen werden, ohne das Bestandsgebäude ausweiten zu müssen. Der Liftturm und die Dachkonstruktion werden aus Dämmbeton errichtet, der Treppenlauf und die Podeste aus Stahlbeton. Die gesamte Ostfassade ist eine Nurglas-Konstruktion. Das Dach sowie die Südfassade sind begrünt.

Den Zubau haben wir als monolithischen, skulpturalen Baukörper konzipiert, der sich vollständig nach Osten hin öffnet. Eingefasst durch einen formgebenden Rahmen, ergibt sich zum Garten ein überwältigender Blick. Von Innen wird das Hinauf- und Hinunterschreiten im Treppenhaus als ein
Tanz durch die Bäume
im Garten hinweg erlebt. Von Außen gesehen, hat man den Eindruck von einem „aufgeschnittenen“ Haus, ähnlich einem Puppenhaus, das von kleinen und großen Menschen durchstiegen wird und so die Lebendigkeit des Gebäudes sichtbar macht.

Die Kombination weniger Materialien (Beton - Glas - Stahl) war uns wichtig, um der Beziehung von Innen und Außen Raum zu geben. Auf der Suche nach dem „reinen Material“, das ohne zusätzliche Dämm- und Schutzschichten den notwendigen Wärmeschutz bietet, ist unsere Wahl auf Leichtbeton gefallen. Die schlichte Poesie des Betons kontrastiert nun mit der Üppigkeit der Natur. Die geometrische Komplexität des kleinen Baukörpers war für die Statik und die ausführenden Firmen eine Herausforderung. Um gemeinsame Erfahrungen im Umgang mit monolithischem Leichtbeton zu ermöglichen, haben wir eine Musterwand im Vorfeld gefertigt, die jetzt als fixes Bühnenelement am Platz vor dem Musikpavillion im Garten Verwendung gefunden hat.